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Bau-Projekt als Wahlkampfthema
Die örtliche SPD macht sich zum Anwalt für die Flüwo-Bewohner in Degerloch-West. Ohne Befugnis aber mit reichlich Ambitionen in der Vorwahlkampfphase für die Bundestagswahlen am 24. September. Es gilt Stimmen zu sammeln in Degerloch, schließlich steht mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann ein starker Gegner im Ring des Wahlkreises Stuttgart I, zu dem unser Stadtbezirk gehört. Obwohl die Flüwo ihr Neubauprojekt im Bezirksbeirat vorgestellt und das Gremium in seine Hauptverwaltung eingeladen hat, spielt sich die SPD weiterhin als Kontrolleur auf und fordert von dem unabhängigen Unternehmen Gründe für den Abriss sowie Vergleichszahlen über Sanierung und Neubau.
Die Flüwo beabsichtigt, die drei gelben Wohngebäude sowie ihre Hauptverwaltung in dem Dreieck zwischen Straif-, Gohl- und Albstraße mit insgesamt 78 Wohnungen voraussichtlich im Jahr 2021 abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. "Das wird ein architektonisches Highlight, das Degerloch städtbaulich aufwertet", sagt Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold zu dem Projekt. Geplant sind viereinhalb- bis siebengeschossige Gebäude mit etwa 90 Mietwohnungen und ebenso vielen Tiefgaragenplätzen, davon 20 Prozent als geförderter Wohnungsbau und zehn Prozent Sozialwohnungen.
Wie es die Degerlocher Baugenossenschaft schon beim Alb Carré, dem Abriss und der Bebauung zwischen Böhm- und Straifstraße vor mehreren Jahren praktiziert hat, werden auch in diesem Fall die Mieter fürsorglich behandelt. Sie erhalten Angebote für das Neubauprojekt und auch in der Übergangsphase lässt die Flüwo ihre Mieter nicht im Regen stehen und hilft mit Ersatzwohnraum und finanzieller Unterstützung.
Es ist aber durchaus verständlich, dass sich die Bewohner der drei in die Jahre gekommenen Gebäude mit reichlich Mängeln in Sachen Bausubstanz und Brandschutz trotz der langen Vorbereitungszeit Sorgen machen. Mobilität, Umzüge und finanzielle Belastungen gehen an den vorwiegend älteren Bewohnern nicht spurlos vorbei. Dass die Flüwo unternehmerisch denkt und ihre Immobilien weiterentwickeln will, sollte allerdings für lokale Politiker kein Grund sein, sich als Anwalt der Mieter aufzuspielen. Aber wie gesagt - bald beginnt der Wahlkampf.
So gesehen
Ihr Zack!
Kommentare
Kommentar von Eberhard und Uta Klink |
Zu dem Beitrag "Bauprojekt als Wahlkampfthema" - vom 28.7.2017
Treffender kann man den Vorgang nicht kommentieren.
Eberhard und Uta Klink
Kommentar von Fritz Steidl |
Zu dem Beitrag "Bauprojekt als Wahlkampfthema" - vom 28.7.2017
Die Bezirksbeiräte der SPD sollten sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Sie haben keinerlei Befugnis ein Unternehmen wie die Flüwo zur Offenlegung von Zahlen zu zwingen. Da scheint sich jemand zu überschätzen, in dem er glaubt Anwalt von Mitbürgern zu sein.
Fritz Steidl
Kommentar von Uli Weiss |
Zu dem Beitrag "Bauprojekt als Wahlkampfthema"- vom 28.7.2017
Schon im Dezember 2016 stellte die SPD im Bezirksbeirat Degerloch kritische Fragen zum Bauvorhaben der Flüwo in Degerloch anlässlich einer Projektvorstellung. Die Bundestagwahl lag noch in weiter Ferne!
Initialzündung für zusätzliches Engagement war eine konkrete Anfrage von Bewohnern der drei Hochhäuser Anfang 2017.
Diese befürchten, dass sie nach Jahrzehnten ihre angestammte Wohnumgebung in Degerloch verlassen müssen, weil für Sie die Mietpreise in den Neubauten unerschwinglich sind. Die Thematik wurde durch einen Brief der SPD-Bezirksbeiräte an den Vorstand der Flüwo auf den Punkt gebracht. Die Antwort war
leider gänzlich nichtssagend.
Soviel zum Vorwurf die Degerlocher SPD würde sich aus Wahlkampfgründen zum Anwalt der dortigen Mieter aufschwingen. Es geht letztlich darum in Degerloch einen Gentrifizierungseffekt zu vermeiden. Gemeint ist damit der soziale Strukturwandel in Grossstadtvierteln, wonach ökonomisch schwächere Bewohner durch einkommensstärkere Mietparteien oder Eigentümer ersetzt werden.
Degerloch ist geprägt von einer wohlhabenden und weniger wohlhabenden Bevölkerung, die gut miteinander auskommen. Dieser Zustand sollte erhaltenswert sein wie auch der besondere Charme Degerlochs mit
seinen Villenvierteln und dem gleichzeitigen dörflichen Ortskern.
Uli Weiss
Bezirksbeirat der SPD
Kommentar von Dieter O. Schmid |
Zu dem Beitrag "Bauprojekt als Wahlkampfthema"- vom 28.7.2017
Es ist ja sicher nicht falsch und unrichtig, wenn sich Uli Weiss von der SPD, Sorgen um Degerlocher Mieter macht. Es muss ja aber nicht immer alles nur Wahlkampf und Gemauschel sein. Dem Uli Weis unterstelle ich das aus gemachter Erfahrung nicht. Wenn es aber um die Flüwo geht, liegt er und Gleichdenkende mit Sicherheit falsch.
Wir waren spätestens seit 1965 Mieter in der großen Flüwo-Familie. Meine Frau war viele Jahre in einem genossenschaftlichen Aufsichtsgremium der Flüwo und ich hatte die Ehre, ebenfalls über viele Jahre als externer Berater an verantwortungsvollen Beratungen, Planungen und Realisationen mitwirken zu dürfen.
In viele Unternehmen habe ich vertrauliche Einblicke gehabt. Ich kenne aber kein Unternehmen der Wohnungswirtschaft, das sich seit seiner Gründung in der frühen Nachkriegszeit, so um gerechte und vor allem soziale Strukturen und besonders um die Verhinderung des befürchteten "Gentrifizierungseffektes" bis zum heutigen Tag kompetent, glaubhaft und stets sozial verlässlich - mit rund 10 000 Mietwohnungen in Nordwürttemberg und Baden - gekümmert hat.
Die Flüwo leistet für mich bis heute eine unvergleichliche - früher gemeinnützige - Arbeit in der deutschen, sozial geprägten, genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft. Die Flüwo war es doch auch maßgeblich, die den Degerlocher Westen in der Notlage der Zeit, ab etwa 1948, möglichst qualifiziert und familiengerecht für die damaligen Flüchtlinge aus dem deutschen Osten überbaut hat. Die angesprochenen Gebäude sind aber aus dieser Zeit des allgemeinen Mangels und daher von entsprechendem Substanzverlust.
Ich bin mir heute schon ganz sicher, die Flüwo wird auch dieses geplante Projekt städtebaulich und sozial für weniger Wohlhabende und Wohlhabende in Degerloch verantwortungsbewusst auf den Weg bringen. Die können das nämlich wirklich in allen Phasen und wissen, wie und was sie bauen. Modernen und dennoch erschwinglichen Wohnraum in Degerloch! Und dabei wird bestimmt auch kein Betroffener und kooperativer Mieter "im Regen" stehen gelassen.
Dieter O. Schmid
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