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Gastro-Desaster
Degerloch wird immer mehr zum gastronomischen Niemandsland. Da erinnert man sich gerne an alte Zeiten. Nach der Pilsstube Ritter ging die benachbarte Hendlburg - und es wird vor Ort alles so hingenommen. Ist ja egal, kommt eben Wohnraum oder Büro. Und das in einem der ältesten gastronomischen Gebäude in ganz Deutschland. Schade, früher haben Gäste um ihre Kneipe gekämpft, wenn die Schließung im Raum stand. "Das Amsterdam" hat auch dicht gemacht, was man nicht unbedingt als Verlust sehen muss. Aber es kommt eben nichts Neues nach - das ist das Problem.
Franz Stetter
Kommentare
Kommentar von Holger Köster |
Es wird halt immer schwieriger sich in der Gastronomie zu behaupten. Hohe Pacht, Personalkosten, Versicherungen, Erzeugerpreise etc. Dazu kommen die Belastungen für die Bürger durch steigende Verbraucherpreise. Das führt dazu, dass die Leute eben das ein oder andere Mal auf etwas verzichten müssen. Diese Entwicklung macht auch vor Degerloch nicht halt. Ich denke, dass das den Unternehmergeist schon gewaltig einbremst.
Kommentar von Brigitte Dier |
Das Hendl House und sein Mittagstisch wird von vielen Degerlochern Alt und Jung vermisst. Und, vor Allem wird gefragt: Wo bekomme ich in Degerloch auf die Schnelle ein leckeres gegrilltes Hähnchen her? Eine mobile Grillstation in Degerlovch wäre dafür evtl. die Lösung. Was meint der GHV dazu?
Kommentar von Eberhard Klink |
Die Gastronomie - nicht nur in Degerloch - hat es schwer und die nahe Zukunft verspricht nicht unbedingt Besserung. Von Niedergang oder gar Niemandsland kann aber sicher keine Rede sein. Meine Frau und ich genießen regelmäßig Küche und Service in 11 Lokalen in Degerloch - wobei auch wir das 12. (den kleinen Italiener an der Ecke) sehr vermissen und dort auf neue Impulse hoffen. Und das ist, wenn wir die Waldau und den Haigst mitzählen, nicht mal 1/3 der gastronomischen Betriebe in Degerloch.
Es wäre schön, wenn möglichst Viele das was wir haben auch nutzen. Den Ritter wollen weder Bezirksbeirat noch GHV einfach "kampflos" aufgeben. Auf getrennten Wegen verfolgen wir das gemeinsame Ziel dieses Gebäudes - das 700 Jahre mehr oder weniger ununterbrochen als Gaststätte diente – auch künftig für die Gastronomie zu erhalten.
Nicht vergessen sollten wir auch die positiven Entwicklungen die z.B. das ideenreiche und für Degerloch engagierte Gastro Ehepaar Julia & Tobias Meyer mit dem Waldauerle geschaffen hat und in Kürze ein weiteres Highlight mit der Eröffnung von "die Waldauerin“ eröffnen wird. Die Frage von Frau Dier nach einem Angebot von Grillhähnchen in Degerloch nehme ich gerne auf.
Kommentar von Franz Stetter |
Herr Klink, schön, dass Sie in 11 Lokalen verkehren. Die meisten davon werden aber nicht im Ortskern sein, sondern außerhalb. Tavola Calda meistens geschlossen, Hirsch hat stark nachgelassen, Pilsstube Ritter, Hendlburg sind weg. Das Amsterdam war auch nicht gerade eine Offenbarung. Was bleibt denn da noch groß? Weinstube Klink und Fässle - das ist ein bisschen wenig für einen Stadtbezirk wie Degerloch. Deshalb gastronomisches Niemandsland.
Kommentar von Eberhard Klink |
Herr Stetter hat recht, einige der erwähnten 11 Lokale die wir gerne besuchen sind auf der Waldau. Die gehört unseres Wissens auch zu Degerloch und der Weg dorthin lohnt sich. Übrigens ist auch im Ortskern Pier 51 für Feinschmecker einen Besuch wert. Heute kam übrigens für uns ein 12. Lokal dazu, das Degerloch sehr bereichert. Die Waldauerin, die vom ideenreichen und kreativen Gastronomen-Ehepaar Julia und Tobias Meyer konzipiert und geführt wird. Auch auf diesem Weg nochmal herzliche Gratulation.
Kommentar von Michael Köstler, Bezirksbeirat SÖS-Degerloch |
Normalerweise kämpfe ich, vor allem für bezahlbaren Wohnraum, aber den wird es hier eh nicht geben, darum kämpfe ich hier, für den Erhalt, einer der ältesten Gasthäuser Deutschlands. Es war mir ein Bedürfnis, den Appell im Bezirksbeirat Degerloch einzubringen, der Gott sei Dank einstimmig von allen Fraktionen unterstützt wird:
Bezirksbeiratsfraktion Die FrAKTION + LINKE + SÖS + PIRATEN + TIERSCHUTZ
Datum 14.02.2022
Betreff: Gasthaus Ritter
Antrag: / Anfrage:
Der Bezirksbeirat Degerloch möge beschließen:
Das Gasthaus Ritter darf nicht in Wohnraum umgewandelt werden
Begründung:
Im aktuellen "Degerloch Journal" spricht sich der Degerlocher Gerhard Lang, ehemaliger Erster Bürgermeister unserer Stadt, gegen eine Umutzung des Ritter-Gebäudes aus.
Dem schließen wir uns an und hoffen, dass sich alle, zu einem Interfraktionellen Antrag zusammenschließen.
In einem Haus mit solcher Geschichte, in dem nicht nur Goethe abgestiegen ist, sondern auch nach dem Zweiten Weltkrieg die Übergabe der Stadt an die Siegermächte
erfolgt ist – ein wahrhaft historischer Ort, sollte wieder eine Gastronomie sein und nicht als Wohnraum zweckentfremdet werden.
Degerloch braucht Gastronomie im Ortszentrum!
Degerloch sollte diesbezüglich Tradition bewahren!
Mit freundlichen Grüßen Michael Köstler und Karin Puschner, SÖS Degerloch
Hier auch noch eine Stellungnahme der Geschichtswerkstatt:
Geschichtswerkstatt Degerloch: Historische Gaststätte „Ritter“ muss erhalten werden!
Dass das Gasthaus Ritter mit seiner 705-jährigen Tradition in ein Wohnhaus umgebaut werden soll, macht nicht nur die Mitglieder der hiesigen Geschichtswerkstatt, sondern auch viele Degerlocher fassungslos. Dieses Vorhaben muss unbedingt verhindert werden.
Die folgenden Daten sollen die Bedeutung des Gasthauses aufzeigen.
In einem Güterbuch des Klosters St. Blasien wird 1317 erstmals die Alte Weinsteige und der Gasthof zum Ritter St. Georg erwähnt.
Der Ritter lag jahrhundertelang als Ferngasthof außerhalb Degerlochs und war für Fernreisende von großer Bedeutung. Hier wurden die Pferde nach dem steilen Aufstieg über die Alte Weinsteige ausgespannt, ehe die Fahrt weiter in Richtung Tübingen und der Schweiz ging („Schweizer Straße“). Hier machte unter anderem auch Goethe auf seiner Reise nach Italien Rast.
Der ursprüngliche Gasthof Ritter wurde Mitte des 18. Jahrhunderts während der Regierung von Herzog Carl Eugen neu errichtet. Rund hundert Jahre später folgte der einstöckige Mittelbau und 1900 der Saalbau.
Im Revolutionskrieg quartierten sich die Franzosen unter General Laroche vom 19. bis 21 Juli 1796 in Degerloch ein. Hauptquartier war der Gasthof Ritter.
Mit dem Bau der Neuen Weinsteige in den Jahren 1822–1831 wandelte sich der ursprüngliche Ferngasthof allmählich zu einer gerne besuchten Gaststätte für die von Stuttgart kommenden Ausflügler und der Degerlocher Bevölkerung. 1868 ließ der Ritterwirt Jakob Raff das noch heute vorhandene ausladende Wirtshausschild mit dem hl. Georg, der den Drachen bekämpft, anbringen.
Am 22. April 1945 um 11 Uhr übergab Oberbürgermeister Dr. Karl Strölin die Stadt Stuttgart an die Franzosen. Eine Gussplatte neben dem Ritter erinnert an dieses Ereignis.
Mit dem Bau des Berolina-Hauses, das am 1. Mai 1976 eingeweiht wurde, zeichnete sich auch das Ende des Ritters in seiner alten Form ab. Der Denkmalschutz genehmigte allerdings nur den Abriss der Anbauten.
Nun ist zu hoffen, dass die zuständigen Behörden einschließlich des Denkmalschutzes, die Umwandlung dieser geschichtsträchtigen Gaststätte zu einem Wohnhaus nicht genehmigen. Ein Verlust des „Ritters“, einem der ältesten Gasthöfe Deutschlands mit ununterbrochener Tradition, würde einen großen ortsgeschichtlichen Verlust nicht nur für Degerloch, sondern auch für Stuttgart bedeuten.
Für den Vorstand:
Helmut Doka, 1. Vorsitzender
Kommentar von Otto Steiner |
Herr Klink, man kann sich alles schönreden!
Kommentar von Frank Stetter |
Ich war kürzlich auf der Waldau abends Spazierengehen. Ob Waldauerle, Soul Snacks, Sportfreunde, Luftbad, Germania, Waldauerin - alles voll. Zurück im Ortszentrum hab ich niemand draußen sitzen sehen ...
Kommentar von Insider |
Naja, wer sich mit der Fondis Gesellschaft im Berolinahaus einlässt, erlebt selten ein gutes Ende.. Hoffen wir, dass uns der Rest dort erhalten bleibt.
Aber eines möchte ich sagen: Weder die Pilsstube, noch die Hendlburg wurden so angenommen, wie jetzt nachträglich hinterhergeweint wird. Das ist fakt.
Sonnenberg sollte Warnung genug sein. Wenn wir lokal nicht alles nutzen und unterstützen blüht uns dasselbe.
Kommentar von Rudolf Knabs |
Nichts neues im Berolinahaus würde ich mal sagen - leider. Mir macht der Trend der vielen Schliessungen, egal welcher Art, Sorge. Fitnessstudio, Gastro, Friseur.
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