Blickpunkt
von Ingo Kluge
Auf eine entspannte Besenzeit!
Anfang September eröffnet das Besenwirtepaar Elsbeth und Winfried Koch für zwei Monate - es gelten die 3G-Regeln.Ab Mittwoch, den 1. September hängt der Besen wieder draußen bei der "Besenwirtschaft Gohl bei d'r Elsbeth" in der Epplestraße. Bis zum 30. Oktober läuft die zweite Ausschankzeit in diesem Jahr. Geöffnet ist täglich außer Sonntag je nach Wetterlage im Außenbereich von 11 bis 22 Uhr, oder in den Innenräumen von 11 bis 23 Uhr. Die Bewirtschaftung ist jeweils nur draußen oder innen möglich. "Also entweder oder, beides gleichzeitig geht nicht, außer an den Stehtischen im Hof und der Remise, die werden immer bewirtet", betont Elsbeth Koch (Bild), die ihren Besen, der ein Aushängeschild für Degerloch ist, seit 1987 betreibt. Für die vorhandenen Stehtische im Hof und der dort bewirteten Gäste gibt es vom Verordnungsgeber keine Personenbegrenzung.
Die Degerlocher Besenwirtin freut sich auf eine entspanntere Besenzeit, als es zuletzt der Fall war. Der Hagelschaden, der auch andere Wengerter im Scharrenberg getroffen hat, ist dabei nicht das Problem - eher schon die Anfeindungen aus der Nachbarschaft. Anwohner werfen Elsbeth Koch und ihrem Mann Winfried in einer Unterschriftenaktion einen zu starken Geräuschpegel durch die Bewirtung im Freien sowie eine Überschreitung der erlaubten 40 Sitzplätze vor. Dagegen wehren sich die Betreiber und führen diese Annahme der Nachbarn auf anfallende Gästewechsel zurück.
Einer Überschreitung der Sitzplatzvorschrift widersprechen auch mehrere Stammgäste, die teils bekunden, "dass ein gewisser Geräuschpegel zu einer Besenwirtschaft dazugehört". Im übrigen befindet sich der Besen in einem Mischgebiet und nicht in einem reinen Wohngebiet. Die Vorwürfe aus der Nachbarschaft beziehen sich vor allem auf die coronabedingte Bewirtung im Freien im Sommer 2020 und 2021, die aber lediglich bis 22 Uhr erfolgte. Zu anderen Jahreszeiten durfte gar nicht geöffnet werden. "Ich habe bei meinen Besuchen zur Kenntnis genommen, dass sich Frau Koch sehr aufmerksam darum gekümmert hat, sämtliche Vorschriften einzuhalten", sagt Bezirksvorsteher Marco-Oliver Luz. Wie viele DegerlocherInnen schätzt er das Ambiente der recht ursprünglichen Wirtschaft, die vor etwa 100 Jahren in den heutigen Räumen ihren Anfang nahm.
Außer den Problemen mit einigen Nachbarn belastete zuletzt ein Artikel der "Stuttgarter Nachrichten" das Nervenkostüm der Degerlocher Besenwirtin. Die unglückliche Formulierung, "In ihrer Besenwirtschaft sind nur Geimpfte und Genesene willkommen", sorgte für einen Shitstorm im Netz und Hass-Mails an die Familie Koch. "Bei uns gelten die 3G-Regeln, so lange es notwendig ist. Ungeimpfte Gäste benötigen einen tagesaktuellen Schnelltest", stellt Elsbeth Koch klar.
Es bleibt zu hoffen, dass die nächste Zeit für das Betreiber-Ehepaar entspannter verläuft als zuletzt, und die Nachbarschaft mit etwas mehr Verständnis zur Kenntnis nimmt, dass in einer Besenwirtschaft nicht nur gegessen und getrunken, sondern auch geschwätzt und gelacht wird. Und das nur zwei Mal im Jahr, jeweils maximal zwei Monate im Frühjahr und im Herbst - und im Freien nur bei gutem Wetter.
Kommentare
Kommentar von Angelika Jobi |
Zu dem Beitrag "Auf eine entspannte Besenzeit" - vom 29.8.21
Mein Mann und ich dürfen uns zu den Stammgästen zählen und waren ebenfalls sehr irritiert über die Resonanz der Kommentare des Artikels der Stuttgarter Nachrichten. Es ist für uns unverständlich, dass Schwaben eine alteingesessene und zünftige Besenwirtschaft nicht schätzen können - es gibt für jeden Geschmack ein entsprechendes Restaurant und jeder kann wählen, wo er hingehen möchte.
Angelika Jobi
Kommentar von Franz Stetter |
Zu dem Beitrag "Auf eine entspannte Besenzeit" - vom 29.8.21
Man sollte nicht schwäbischer als schwäbisch sein, sondern stolz sein auf seinen Besen, den es schon länger in Degerloch gibt, als manche Anwohner. Es ist für alle nervenschonend, wenn man tolerant miteinander umgeht.
Franz Stetter
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