Blickpunkt
von Felix Reiser
Hotspot Albplatz
Der Bereich zwischen Stadtbahn-Unterführung, Aussichtsplattform sowie Kinder- und Jugendhaus Helene P. hat sich zu einem aggressiven Hotspot am Albplatz entwickelt.Terje Lange (Bild unten), Leiter des Kinder- und Jugendhauses Helene P., hat wahrlich keinen leichten Job. Der Diplom-Pädagoge muss sich nicht nur um innere Belange der Degerlocher Einrichtung an der Oberen Weinsteige kümmern, sondern sich auch damit auseinandersetzen, was sich im näheren Umfeld abspielt. "Aktuell ist es etwas ruhiger, aber seit Jahresende 2017 hatten wir recht heftige Auseinandersetzungen mit Flüchtlingsgruppen im Alter von 11 bis 19 Jahren", sagt er zu dem, was sich am Albplatz vor dem Helene P. im Bereich zwischen Stadtbahn-Unterführung, Sportplatz und Aussichtsplattform immer wieder abspielt.
Es ist auch Degerlocher Jugendlichen bekannt, dass dieses Gebiet vor allem nachts eine Problemzone ist. "Hier halten sich vorwiegend Flüchtlinge auf, die in der Gruppe gegenüber Passanten sehr aggressiv auftreten. Ich wurde auch schon unfreiwillig von einer Gruppe in Auseinandersetzungen verwickelt", sagt ein ehemaliger Schüler (Bild oben) der Fritz-Leonhardt-Realschule, der seinen Namen aber nicht in die Öffentlichkeit bringen will. Das zuständige Polizeirevier in Möhringen verweist auf andere und größere Problemzonen in der Innenstadt. Eine sogar von Jugendlichen gewünschte Kameraüberwachung in der Stadtbahn-Unterführung hält Degerlochs Bezirksvorsteher Marco-Oliver Luz nicht für realisierbar: "Das müsste der Gemeinderat entscheiden, er wird das aber in den Außenbezirken nicht genehmigen."
Teilweise spielten sich im und in unmittelbarer Nähe außerhalb des Jugendhauses Zustände ab, die man mit offener Psychiatrie vergleichen kann. "Wir hatten akut selbstverletzendes Verhalten bei Mädchen, Gewalt- und Drogendelikte bei Jungs, dazu Gewaltandrohungen und Bandenkriminalität verschiedener Gruppen, die sich zu Schlägereien verabredeten", gibt Terje Lange Einblicke in die Zustände rund um den Albplatz. Die Jugendlichen, die zu zwei Dritteln aus Flüchtlingen bestehen, haben sich aber systematisch dem pädagogischen Zugriff entzogen, und so konnte das Jugendhaus-Team nur mit Hausverboten einigermaßen Ruhe in die teilweise eskalative Situation bringen. Befristete Hausverbote gibt es derzeit keine mehr, allerdings noch fünf unbefristete.
Aufgrund der Fluchterlebnisse sind die Jugendlichen teilweise mehrfach traumatisiert, einzelne haben Knasterfahrung und offene Verfahren. Einige Familien sind deshalb auch permanent von Abschiebung bedroht. Auch innerfamiliär gibt es Konflikte, die das Aufwachsen negativ beeinflussen. "Natürlich zementieren die fehlenden Sprachkenntnisse und die kulturellen Gewohnheiten dieser Jugendlichen ihre gesellschaftliche Ausgrenzung. Die offene Kinder- und Jugendarbeit, die wir anbieten, ermöglicht nur eine schleppende Integration", sagt Lange.
Die derzeitige Situation gab es laut dem Leiter des Helene P. bereits in den 90er Jahren während des Kosovokrieges, insofern lautet seine These, dass es etwa zehn Jahre dauert, bis die Integration der Flüchtlinge soweit voranschreitet, dass sich die aktuelle Problematik zum Positiven verändert. Im vergangenen Jahr wollte Lange eine Projektstelle schaffen, um eine Brücke zwischen Jugendhaus und Flüchtlingen zu etablieren. Allerdings hat ihm die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft dafür noch kein grünes Licht gegeben. Sein Konzept liegt in der Schublade.
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