Blickpunkt
von Felix Reiser
Pandemie als große Herausforderung
Seit fast einem Jahr ist Iris Gebauer als Stadteil-Managerin bei der Wirtschaftsförderung Stuttgart als Nachfolger von Torsten von Appen im Amt. Wir haben mit ihr gesprochen.degerloch.info: Frau Gebauer, Sie sind seit Anfang dieses Jahres in der Wirtschaftsförderung Stuttgart als Nachfolgerin des früheren Stadtteil-Managers Torsten von Appen tätig. Haben Sie sich trotz Corona-Pandemie gut eingearbeitet?
Gebauer: Ja, glücklicherweise kenne ich mich in Stuttgart sehr gut aus, da ich bereits die letzten 50 Jahre hier wohne. Auch auf die Themenbreite der Tätigkeit konnte ich mich gut einstellen, da ich bereits einige Erfahrungen in meinem bisherigen Berufsleben sammeln durfte. So war ich nach meiner Berufslehre lange in der Privatwirtschaft beschäftigt, dann absolvierte ich auf dem zweiten Bildungsweg ein Studium der Geographie und Politikwissenschaften und schließlich die Promotion. Ungefähr zehn Jahre lang war ich in Forschung und Lehre an der Universität Stuttgart zu stadt- und wirtschaftsgeographischen Themen tätig und hatte anschließend für elf Jahre mein Unternehmen "indicatus - Studien & Pläne". Insofern konnte ich auf eine breite, interdisziplinäre Erfahrung bauen, was mir natürlich den Einstieg erleichterte.
degerloch.info: Was die Pandemie betrifft, wurden Sie ja praktisch ins kalte Wasser geworfen ...
Gebauer: Da geht es mir wie vielen anderen, egal, ob sie als Privatperson, Unternehmer, Arbeitnehmer oder auch im beruflichen Umfeld damit konfrontiert sind. Die Pandemie ist für uns alle eine große Herausforderung - natürlich auch für viele Wirtschaftsunternehmen.
degerloch.info: Ihre Tätigkeit ist geprägt von den Kontakten in den 23 Stuttgarter Stadtbezirken. Wie weit sind Sie da vorangekommen?
Gebauer: Nun ja, zumindest anders als zu Beginn meiner Anstellung geplant. Ich habe im Dezember 2019 angefangen und war noch mitten in der Einarbeitung, da begann leider die Corona-Zeit. Ines Aufrecht, die Leiterin der Wirtschaftsförderung, hatte sofort reagiert und veranlasst, dass mein Kollege Elias Henrich und ich, aber auch die gesamte Abteilung unsere Tätigkeiten auf die neue Situation ausrichten. Wir sammelten von Beginn an für Unternehmen relevante Informationen rund um Corona-Verordnungen, Hilfen und Maßnahmen und stellten diese zur Verfügung. Wir telefonierten mit zahlreichen Unternehmen und prüften unzählige Anfragen zu Projekten. Unsere regelmäßigen Treffen wurden und werden statt persönlich teilweise per Telefonkonferenzen mit den zahlreichen Gewerbe- und Handelsvereinen durchgeführt. Wir unterstützen die ehrenamtlich organisierte Hotline der Aktiven Stuttgarter e.V., die Internet-Seite "stuttgartsindwir" und haben die stadtweite Kampagne "Bleiben Sie uns treu!" initiiert, zusammen mit der Kommunikationsabteilung der Stadt Stuttgart, den Gewerbevereinen, den Bezirksvorstehern und den örtlichen Unternehmen. Dies sind nur einige Beispiele für Projekte, die wir neu implementierten und die selbstverständlich den Großteil unserer Zeit in Anspruch nahmen.
degerloch.info: Ihre Ansprechpartner sind ja hauptsächlich Gewerbe- und Handelsvereine, die auch ihre Probleme haben. Verantwortliche für Führungsaufgaben zu finden, wird immer schwieriger ...
Gebauer: Das ist in der Tat ein Phänomen, welches wir in einigen Bezirken beobachten. Deswegen waren in der Unternehmensbefragung, die wir diesen Sommer gezielt mit Unternehmen aus den Stadtteilzentren durchgeführt haben, Fragen im Kontext der Gewerbe- und Handelsvereine wie zum Beispiel Gründe für die Mitgliedschaft ein wichtiger Baustein. Wir werten derzeit die Befragung aus und erhoffen uns in Zusammenarbeit mit den Gewerbe- und Handelsvereinen einige Ideen, wie wir die Lage der Vereine verbessern können. Den ersten Austausch dazu gab es bereits in der Q4-Veranstaltung am 5. Oktober im Rathaus, an der viele Vorsitzende der örtlichen Gewerbe- und Handelsvereine teilnahmen. Das Engagement von dieser Seite ist großartig.
degerloch.info: Halten Sie Zusammenschlüsse von Gewerbe- und Handelsvereinen, wie dies in Filderstadt passiert ist, auch bei benachbarten Stuttgarter Stadtbezirken für sinnvoll?
Gebauer: Das hängt natürlich vom Einzelfall ab. Wenn es Entwicklungen geben sollte, wie Mitgliederschwund oder auch eine unbefriedigende Suche in Bezug auf Nachfolgefragen für zentrale Positionen, dann muss auch solch ein Ansatz diskutiert werden. Erörtert werden müssen dann auf sachlicher Ebene Vor- und Nachteile eines solchen Zusammenschlusses. Aber ein Erfolgsfaktor ist dabei von entscheidender Bedeutung: Die Mitglieder und Unternehmen in den betreffenden Bezirken müssen davon überzeugt sein, dass es ein guter Weg ist.
degerloch.info: In Möhringen wurde das kürzlich thematisiert in Bezug auf Degerloch.
Gebauer: Das ist in erster Linie Sache des Vereins. Wenn ich beratend unterstützen kann, dann mache ich das sehr gerne.
degerloch.info: Was Degerloch betrifft, wurden Sie ja schon aktiv. Der Leerstand attraktiver Läden im Berolinahaus missfällt Ihnen.
Gebauer: An einem solch zentralen Ort ist es auch für die räumliche Atmosphäre und Wahrnehmung des Gebiets nicht schön, es wirkt höchst unattraktiv, obgleich Degerloch ein sehr attraktiver Stadtbezirk ist mit sehr agilen, engagierten Menschen. Insofern streben wir von Seiten der Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart in solchen Fällen an, mit den Eigentümern in Kontakt zu treten, um eine positive Entwicklung auszuloten. Es ist eine Maßnahme, um möglichst Angebot und Nachfrage zusammenzuführen. Auch hier sind wir - Bezirksvorsteher Marco-Oliver Luz und ich - mit dem Eigentümer in Kontakt und hoffen auf eine positive Entwicklung.
degerloch.info: Weihnachten steht vor der Tür. Was raten sie den lokalen Einzelhändlern nach diesem für sie so heftigen Jahr für 2021?
Gebauer: Eine ganz gezielte Maßnahme, die auch auf den Erfahrungen der letzten Monate basiert, ist folgende: Durch die Pandemie, die Beschränkungen, aber auch wegen der Vorsicht der Konsumenten sind einige Zentren natürlich weniger belebt als früher. Hier wäre ein Rat, die Schaufenster, Eingänge und Ladengeschäfte so zu gestalten, dass eine möglichst hohe Attraktivität und eine weihnachtliche, friedliche Stimmung aufkommen. Dies hilft nicht nur, wieder Konsumenten und Bürger auf das interessante Angebot in den Stadtbezirken aufmerksam zu machen. Letztendlich ist es das, wonach sich unsere Einwohner sehnen und dazu können wir alle beitragen. Das tut nicht nur der Seele gut und ist damit gut für unsere Stadt, sondern rückt das örtliche und attraktive Angebot auch in den Vordergrund.
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