Blickpunkt
von Felix Reiser
Wie auf dem Basar
Der Bezirksbeirat verfügt ab diesem Jahr über ein wesentlich höheres Budget für stadtbezirksorientierte Aktionen. Damit vernünftig umzugehen, erfordert Sachkenntnis, aber auch eine gewisse Toleranz.Wer bisher im Degerlocher Bezirksbeirat vor dem Gremium saß und einen Zuschuss beantragte, hatte in der Regel keinen leichten Stand. Meistens handelte es sich bei den Anträgen um finanzielle Mittel im dreistelligen Bereich, aber um die gewünschte Summe für durchaus sinnvolle Projekte im kulturellen und sozialen Bereich "wurde von den Fraktionen gefeilscht wie auf dem Basar", wie es ein Antragsteller formulierte. Dabei war es in den vergangenen Jahren immer so, dass das Budget des Bezirksbeirates für stadtbezirksorientierte Aktionen bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Bei einem jährlichen Betrag von 8000 Euro waren zum Jahresende 2017 noch etwa 17 000 Euro auf dem Konto. "Es stimmt, es wurde wenig ausgegeben und viel angesammelt", sagt ein Mitglied des Gremiums.
1,3 Millionen Euro wird die Stadt Stuttgart den 23 Bezirksbeiräten ab diesem Jahr zur Verfügung stellen. Ein beachtlicher Betrag und ein Mehrfaches des bisherigen Budgets - Degerloch kann ab jetzt pro Jahr mit 39 000 Euro rechnen, allerdings dürfen davon nur 20 Prozent ins nächste Jahr verlagert werden. Zukünftig sollen Bezirksbeiräte aber neben kulturellen und sozialen Projekten auch über kleinere städtebauliche Maßnahmen entscheiden. Eine Treppe hier, eine Brunnensanierung dort - die neue Aufgabe entzückt nicht alle Bezirksvorsteher.
Damit die Bezirksbeiräte mit der zusätzlichen Aufgabe nicht überfordert sind, werden bei der Stadt neue Halbtagsstellen geschaffen, um den Ehrenamtlichen kompetente Lotsen zur Seite zu stellen. Wie das in der Praxis funktioniert, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Fakt ist aber, dass weiterhin Anträge für kulturelle und soziale Projekte dem Bezirksbeirat präsentiert werden. Die Frage ist nur, ob die Gremiumsmitglieder zukünftig bei besser gefütterter Kasse auch großzügiger entscheiden und ihre schwäbische Sparsamkeit etwas zügeln. Denn Anträge für einen Wasserspielplatz im Agendagarten, das Projekt "Kunst im Dreieck" auf der Waldau oder die Ausstellung zur Trauerkultur im Garnisonsschützenhaus wurden entweder ganz abgelehnt oder es wurde mal wieder gefeilscht. "Darf's auch etwas weniger sein, "bei dem Betrag könnte ich noch mitgehen", "das kommt mir reichlich viel vor" - so lauteten oft die Statements der einzelnen Fraktionen, wenn's ums Geld der prall gefüllten Kasse ging.
Auch Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold erhielt kürzlich einen Dämpfer, als sie 5500 Euro für einen "Degerlocher Stiftungstag" beantragte, obwohl noch Mittel von 19 000 Euro zur Verfügung standen. Mit der Veranstaltung wollte sie den Mitbürgern den Stiftungsgedanken anhand von örtlichen Beispielen zugänglich machen. Trotz geplanter Redner wie Ex-Staatsminister Christoph Palmer, der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin und Schauspieler Walter Sittler konnte sich das Gremium mit dem Projekt und der beantragten Summe nicht anfreunden. Bleibt nur zu hoffen, dass der Bezirksbeirat zukünftig etwas großzügiger agiert. 39 000 Euro Budget für das Jahr 2018 plus 19 000 Euro Angespartes warten auf sinnvolle Verwendung.
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